Explosionsdruck erklärt: Was hat es mit Pred und Pdyn auf sich?
Wenn sich eine Staubexplosion anbahnt, sind die ersten 75 Millisekunden entscheidend. IEP Technologies, der Safety-Experte des HOERBIGER-Konzerns, klärt in diesem Zusammenhang auf, was es mit Pred und Pdyn auf sich hat.
Wenn sich eine Staubexplosion anbahnt, sind die ersten 75 Millisekunden entscheidend – das ist kürzer als ein menschlicher Wimpernschlag. Der Hintergrund: Die Druckwelle einer Staubexplosion legt ungefähr 330 Meter pro Sekunde zurück und breitet sich somit nur etwas langsamer als die Schallgeschwindigkeit aus. Um die Auswirkungen einer solchen Explosion zu reduzieren, kommt es daher darauf an, Druckwelle und Explosionsflamme effizient zu entkoppeln und zu unterdrücken. In einem durch die Explosionsunterdrückung und -entkopplung geschützten Behälter tritt dann nicht mehr der maximale Explosionsdruck von etwa neun Bar auf, sondern nur noch der reduzierte Explosionsdruck, kurz Pred genannt, von wenigen 100 Milibar (mbar). Das „P“ steht dabei für das physikalische Formelzeichen für Druck. Die Druckerkennnung, Pdyn (dynamisch), bezeichnet bei der Druckentlastung den Druck, bei dem die Berstelemente sich öffnen. Bei der Explosionsunterdrückung steht Pdyn für den Wert, bei dem der Druckdetektor auslöst. Um ein hohes Sicherheitsniveau in Anlagen zu erzielen, ist ein tieferes Verständnis hinsichtlich der Eigenschaften von Druck und dessen Ausbreitung notwendig. IEP Technologies, der Safety-Experte des HOERBIGER-Konzerns, klärt auf, was es mit Pred und Pdyn auf sich hat.
Pred entsteht sowohl bei der Druckentlastung als auch durch die Unterdrückung einer Gas- oder Staubexplosion in einem Behälter. Entzündet sich ein Gas-/Luft-Gemisch sorgt der entstehende Explosionsdruck für eine schnelle Ausbreitung der Gaswolke, die von der nacheilenden Flamme verbrannt wird. Wird kein weiteres Gas hinzugeführt, ist die Explosion bereits nach einigen Millisekunden beendet. Anders ist es bei Staubexplosionen: Aufgewirbelter Staub, beispielsweise durch einen Luftzug, kann zusammen mit Sauerstoff ein brennbares Staub-/Luft-Gemisch bilden. In Verbindung mit einer Zündquelle führt dies zu einer Explosion. Wie bei einer Kettenreaktion werden durch die entstehende Druckwelle weitere Staubschichten oder Ablagerungen aufgewirbelt, die sich wiederum entzünden und explodieren. Wie gewaltig diese Druckwelle ist, zeigt folgendes Beispiel: Bereits zehn Milibar reichen aus, um Luft auf eine Geschwindigkeit von fast 40 Metern pro Sekunde zu beschleunigen – das bedeutet, dass sie mit Orkangeschwindigkeit durch die Anlage und die Rohrleitungen fegt.
Wie Fehleinschätzungen vermieden werden
Die Druckerkennung (PA) ist ein sehr effektives Mittel zur Explosionsdektektion. Um eine Explosion rechtzeitig für eine Unterdrückung oder Entkopplung zu erkennen, ist eine relativ niedrige Druckschwelle von typischerweise 50 Millibar erforderlich. Eine geeignete Methode zur Druckerkennung ist es, wenn die „Rate“ des Druckanstiegs (mbar/ms) das Erkennungskriterium bildet. Das Prinzip dahinter: Explosionsereignisse in engen Räumen wie zum Beispiel in Prozessanlagen haben ein zeitliches Druckprofil. Der Druck steigt am Anfang, wenn die Explosionsflamme noch klein ist, langsam an und nimmt mit zunehmender Ausdehnung exponentiell zu. Aus diesem Grund erlaubt es das zeitliche Druckprofil nicht-explosionsbedingte Druckverläufe, etwa aufgrund von Produktionsschwankungen, von realen Explosionsereignissen zu unterscheiden.
Der Pred wird häufig vom Kunden vorgegeben und bedeutet, dass die Festigkeit der Anlage maximal ausgenutzt wird. Ein hoher Pred heißt dabei nicht, dass die Anlage dadurch sicherer wird. In der Regel werden die notwendigen Explosionsschutzmaßnahmen auf den Pred ausgelegt. Ist er hoch, kann man weniger Berstscheiben verwenden, weniger Löschmittelbehälter oder einen höheren Ansprechdruck Pdyn wählen. Dies kann allerdings dazu führen, dass bei einer langsamer als erwartet ablaufenden Explosion die Detektion verspätet auftritt oder bei einer schnelleren Reaktion die Schutzmaßnahmen nicht ausreichen. Bei niedrig angesetztem Pred – was meistens der Fall ist – wird oft zwangsläufig der Ansprechdruck niedrig gewählt, was dazu führen kann, dass ungewollt starke Prozessdruckschwankungen durch plötzliches Schließen von Klappen, Zu- oder Abschaltung von Ventilatoren oder zusammenfallende Staubmengen nach Brückenbildung das Alarmkriterium überschreiten. Es ist daher ratsam, sich immer etwas Spielraum zu lassen, so dass der Pred nicht voll ausgenutzt werden muss und der Pdyn deutlich über den Prozessdrücken liegt.
Analyse der Brenneigenschaften
Ausschlaggebend für die Analyse des zeitlichen Druckanstiegs und somit für den KSt-Wert (staub- und prüfverfahrensspezifische Kenngröße), welcher wiederum den Pred mitbestimmt, sind Faktoren wie die Partikelgröße, die chemische Zusammensetzung des Staubes und die Neigung zur Oxidation. Daher ist es ratsam, nicht nur die Anlage regelmäßig zu überprüfen, sondern auch die zu verarbeitenden Materialien sowie die daraus resultierenden Partikel und deren Eigenschaftsänderungen im Laufe des gesamten Prozesses. Durch das stetige Überprüfen der Materialeigenschaften können frühzeitige Veränderungen des Staubes und in der Folge der davon abhängige Pred im Explosionsschutzsystem entsprechend angepasst werden.
Metallischer versus organischer Staub
Den entscheidenden Unterschied zwischen metallischem und organischem Staub stellt die Hitzeentwicklung bei der Verbrennung dar: Leichtmetallstaub brennt bis zu dreimal heißer als organische Stäube, wodurch ein höherer Explosionsdruck entsteht und die extrem heißen Verbrennungspartikel selbst Metalle angreifen. Somit stellt er ganz besondere Anforderungen an den Explosionsschutz. Üblicherweise kommen dafür Anlagen zur Explosionsdruckentlastung nach außen zum Einsatz sowie Entkopplungen für die Rohrleitungen. Da die Druckentlastung allerdings sehr viel Platz benötigt, ist eine solche Lösung nicht für jede Anlage geeignet. Sinnvoll ist es daher, Filter für solche Anlagen im Freien zu installieren und eine Entkopplung zum Prozess vorzusehen.