Die VdS-Funkenlöschrichtlinie 2106 wurde zuletzt im Jahr 2003 überarbeitet, ihre Grundlagen stammen sogar aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Da sich sowohl die Anforderungen an den anlagentechnischen Brandschutz als auch die verfahrenstechnischen Abläufe in den einzelnen Industriebranchen weiterentwickelt haben, war eine Überarbeitung der Richtlinie sowohl aus Sicht der Versicherer als auch aus Sicht der Errichter zwingend erforderlich.
Die bisherige Richtlinie war außerdem stark auf die holzverarbeitende Industrie, in der sie ihren Ursprung hatte, und die Lebensmittelindustrie zugeschnitten. Da heute Funkenlöschanlagen in allen Branchen von der Auto- über die Metall- bis zur Zellstoffindustrie zum Einsatz kommen, waren zusätzlich neue Schutzkonzepte notwendig.
Abb. 1: Schutz einer Siebanlage unter Verwendung VdS-zugelassener Schlauchverbindungen in frostfreier Umgebung (Bildquelle: Minimax).
Zur Überarbeitung der VdS-Richtlinie 2106 wurde daher Ende 2011 eine Arbeitsgruppe bestehend aus VdS, Vertretern der Versicherungswirtschaft sowie allen VdS-anerkannten Errichtern gebildet.
Ziel dieser Arbeitsgruppe war es, die Richtlinie entsprechend dem aktuellen Stand der Technik zu überarbeiten und sie gleichzeitig so zu gestalten, dass sie im Aufbau den anderen VdS-Richtlinien entspricht.
Wesentliche Aufgaben der Arbeitsgruppe waren:
- Definition des anerkannten Funkenlöschanlagen-Errichters auf Basis eines anerkannten Systems
- Verbesserung der Aussagekraft des Installationsattestes und der Dokumentation
- Definition der Anforderungen an die Maschinenabschaltung
- Aufnahme von Pressfittingsystemen und Edelstahlrohren in die Richtlinie
- Definierung der Anforderungen an Rohrhalterungen gemäß CEA 4001
- Erstellung von Kontrollprogrammen zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft
- Erstellung neuer Schutzkonzepte für diverse Branchen
Definition eines VdS-anerkannten Systems
Grundlage der VdS 2106 sind die VdS-zugelassenen FunkenlöschSysteme der einzelnen anerkannten Errichter. Nur mit den Komponenten dieser Brandschutzsysteme werden die Risikobereiche des Schutzobjektes zuverlässig gegen Funkenflug, Brand und Explosion geschützt.
Was genau bedeutet „VdS-zugelassenes System“?
VdS Schadenverhütung prüft im Rahmen der Systemanerkennung alle Komponenten eines Funkenlöschsystems in eigenen Laboratorien und stellt durch wiederkehrende Produktaudits beim Hersteller der Funkenlöschanlage sicher, dass die Brandschutzsysteme stets nach den gleichen hohen Anforderungen gefertigt und getestet werden. Nur durch VdS-zugelassene Systeme wird also sichergestellt, dass der Stand der Technik bei gleichbleibend hohem Qualitätsstandard installiert wird.
Zusätzlich muss der Errichter des Brandschutzsystems nachweisen, dass er jährlich eine bestimmte Anzahl von Funkenlöschanlagen gemäß den VdS-Richtlinien mängelfrei projektiert und installiert hat. Einige Firmen (z.B. GreCon, Minimax oder T&B electronic) erfüllen die o. g. Kriterien und sind somit zugelassene Hersteller und Errichter eines anerkannten Funkenlösch-Systems (siehe des Schutzumfanges im Installationsattest und in der Anlagendokumentation
Bei der Definition des Schutzumfanges sollte man sich Folgendes vor Augen halten:
„Der Umstand, daß in einem Industriebetrieb jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, daß insofern keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muß.“ [Urteilsbegründung des OVG Lüneburg vom 23. Sept. 1976].
Sinn macht der Einsatz eines VdS-zugelassenen Systems jedoch nur, wenn die Funkenlöschanlage auch vollumfänglich gemäß der gültigen VdS-Richtlinie errichtet wurde. Bruchstückhafte Konzepte und Abweichungen von der Richtlinie, die nur Teilbereiche einer Produktionsanlage schützen, führen oft dazu, dass es genau dort zu brennen beginnt, wo kein Brandschutz installiert wurde.
Bei Risikoanalysen werden unterschiedlichste betriebliche Risiken betrachtet, der vorbeugende Brandschutz bleibt erstaunlicherweise hierbei jedoch oft unberücksichtigt. Dies ist umso unverständlicher, als Brände infolge der Betriebsunterbrechungen hohe Folgekosten nach sich ziehen können und evtl. die wirtschaftliche Existenz eines Produktionsbetriebes gefährden. Zusätzlich bieten die Sachversicherer in der Regel hohe Rabatte bei der Installation von vorbeugenden Brandschutzsystemen an.
Die Kosten des vorbeugenden Brandschutzes betragen bezogen auf das Investitionsvolumen einer Produktionsstätte zwar nur ca. 1 % und können sich innerhalb weniger Sekunden amortisieren, und doch müssen Versicherer und Errichter oftmals den Betreiber davon überzeugen, dass die billigste nicht immer die günstigste Lösung ist.
Für den Betreiber ist der Brandschutz am günstigsten zu realisieren, wenn der Errichter des Brandschutzsystems bereits in der Planungsphase eingebunden wird. Dann lassen sich kundenspezifische Schutzkonzepte optimal umsetzen. Diese Schutzkonzepte sollen sich gemäß den Anforderungen der neuen VdS-Richtlinie im Installationsattest sowie in der Anlagendokumentation widerspiegeln.
Ergänzend zur Installation einer Funkenlöschanlage ist zu beachten, dass weitere Schutzmaßnahmen das Konzept abrunden müssen. So sind z. B. pneumatische Förderleitungen, die durch Brand- bzw. Komplextrennwände hindurchführen, mit Brandschutzschiebern zu versehen.
Erstellung eins Konzeptes zur Betriebsmittelansteuerung
Wichtig ist auch die Realisation einer systematischen Maschinenabschaltung im Falle eines andauernden Funkenfluges. Die Betriebsmittelansteuerung ist zwar explizite VdS-Forderung, wird aber bauseits gerne „vergessen“. Nur durch eine Abschaltung kann sichergestellt werden, dass Brände sich nicht in andere Anlagenbereiche ausbreiten. Das Abschaltkonzept ist vom Betreiber (mit Unterstützung des Errichters) zu erstellen und stellt eine wesentliche Betreiberpflicht dar. Die Darstellung der Abschaltmatrix erfolgt analog VDI 3819 und ist dem Versicherer vorzulegen. Ohne ein schlüssiges Konzept zur Betriebsmittelansteuerung verweigern die Versicherer in der Regel die Anerkennung der installierten Anlage.
Abb.2: VdS-konforme Installation mit zwei Funkenmeldern in zwei getrennten Gehäusen (GreCon).
Installation der Anlage durch den anerkannten Errichter
Entsprechend dem Stand der Technik wurden die Anforderungen an die Halterung der Löschwasserleitungen den Forderungen der CEA 4001 angepasst. Zusätzlich wurden Pressfittingsysteme in Kupfer und Edelstahl in die Richtlinie aufgenommen.
Diese Systeme ermöglichen eine wesentlich kostengünstigere Montage als herkömmliche Gewindeverbindungen. Zwingend ist für jede Funkenlöschanlage eine Isometrie des Rohrnetzes zur erstellen und durch die hauptverantwortliche Fachkraft des Errichters eine hydraulische Berechnung durchzuführen. Nur so kann sichergestellt werden, dass an allen Löschautomatiken der notwendige Fließdruck anliegt. Insbesondere an die Dimensionierung und Leistungsfähigkeit der Wasserversorgung und an die Auslegung des Druckbehälters werden in der neuen Richtlinie wesentlich höhere Anforderungen gestellt, als dies bisher der Fall war. Zu einer VdS-konformen Installation gehören stets mindestens zwei Melder, die sich aus Gründen der Redundanz in zwei separaten Gehäusen befinden müssen, siehe Abb. 2.
Erhaltung der Betriebsbereitschaft, Wartung und Inspektion
Die wiederkehrenden Prüfungen durch VdS Schadenverhütung beim Betreiber der Anlage stellen in Verbindung mit den erforderlichen Inspektionen und Wartungen durch den zugelassenen Errichter sicher, dass die installierten Brandschutzsysteme stets einsatzbereit sind, und zwar auch nach monatelanger „stiller“ Bereitschaft.
In diesem Zusammenhang ist auf die Wartung und Inspektion der Anlagen gemäß den Anforderungen der neuen Richtlinie hinzuweisen. Sowohl für den Betreiber als auch für den Errichter der Anlagen sind Kontrollprogramme zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft definiert. Die Nichtbeachtung dieser Kontrollprogramme gefährdet den Versicherungsschutz im Schadenfall. Zusätzlich kommt der Betreiber nur bei Einhaltung der in der DIN 0833 vorgesehenen Inspektions- und Wartungsintervalle seinen gesetzlichen Verpflichtungen nach. Die DIN 0833 fordert ausdrücklich regelmäßige Inspektion und Wartung von Brandschutzsystemen durch den anerkannten Errichter. Der Verzicht auf Inspektionen und Wartungen kann den Versicherungsschutz gefährden.
Neue Schutzkonzepte und Beispiele für den Einsatz von Funkenlöschanlagen
In Europa ereignet sich im Schnitt täglich eine Staubexplosion. Die Gefahr einer solchen Explosion besteht grundsätzlich überall, wo brennbare Stäube auftreten, deren Konzentration in der Luft „stimmt“ und es eine Zündquelle gibt.
Um dieses Risiko auszuschließen, müssen Maschinen und Absauganlagen auf Funkenflug überwacht und durch geeignete Funkenlöschanlagen gesichert werden.
Funkenlöschanlagen können solche Explosionen verhindern und sich somit innerhalb weniger Sekunden amortisieren. Funkenlöschanlagen kommen heute in fast allen Industriebereichen zum Einsatz.
Das grundsätzliche Funktionsprinzip einer Funkenlöschanlage ist in Abb. 3 dargestellt:
Abb. 3: Funktionsprinzip einer Funkenlöschanlage gemäß VdS 2106.
Die Funkenerkennung (A) wird mit mindestens zwei Funkenmeldern realisiert, die den gesamten Rohrleitungsquerschnitt überwachen. Die Funkenlöscheinrichtung (B) besteht aus einem schnell öffnenden Magnetventil sowie mindestens einer Löschdüse. Gegen Verschmutzung sind die Löschdüsen mit einem Verschluss versehen. Die Löschung wird so lange aufrechterhalten, bis der letzte erkannte Funke (C) die Löschstrecke passiert hat, dann schließt die Löschautomatik selbstständig. Die Funkenlöschanlage bleibt weiterhin einsatzbereit, sodass ein neu entstehender Funkenflug sofort wieder bekämpft werden kann. Die minimale Löschzeit beträgt mindestens drei Sekunden und verlängert sich automatisch bei andauerndem Funkenflug. Durch eine einstellbare Funkenschwelle kann eine Maschinenabschaltung (D) vorgenommen werden. Die Anzahl der erkannten Funken sowie die Auslöseschwelle wird an der Funkenmeldezentrale angezeigt. Die Funkenmelder haben eingebaute Testeinrichtungen und die Funkenmeldezentralen (H) eine automatische Meldertesteinrichtung.
Die Funkenmeldezentralen können Alarmmeldungen oder Störungen speichern und als Klartext anzeigen. Die Anbindung an ein kundenseitiges Netzwerk ist möglich.
Dipl.-Physiker Thomas Warnecke
Abb. 4: Holzverarbeitendes Unternehmen mit Filter- und Siloanlage.