Sprühdesign belebt Industriedenkmal
Mit der Übernahme des Buderus-Gebäudes erweitert sich die Firma A. Ebbecke Verfahrenstechnik AG in der Wetterau.
Eine entscheidende Wende ist mit der Ansiedlung eines Industrieunternehmens im Buderus-Park gelungen. Die Wetterau konnte mit einem Mix aus Standortfaktoren und dem geeigneten Gebäude überzeugen.
Hochtechnologie in Hirzenhain:
Mit der Übernahme des Buderus-Gebäudes erweitert sich die Firma A. Ebbecke Verfahrenstechnik AG in der Wetterau. Ein wesentlicher Grund für die Standortwahl war die Struktur des Industriedenkmals, das passgenau die Anforderungen des Unternehmens erfüllt. „In Hirzenhain werden wir Anlagen für Sprühtrocknung und Spezialverfahren errichten“, erklärt Axel Ebbecke. Solche Anlagen erforderten hohe Decken und hohe Deckenlasten, beides bietet das Gebäude.
Die waldreiche Umgebung sei ein weiterer Pluspunkt. „Für die Produktion wird viel Luft angesaugt, Landwirtschaft in der Umgebung könnte über Keime die Luft verunreinigen“, führt der Unternehmer aus.
In den Produktionshallen des Industrieunternehmens mit Hauptsitz in Bruchköbel laufen Pulver und Granulate durch die verschiedensten Verarbeitungsstufen; es wird gesiebt, gemahlen, gemischt, verflüssigt, getrocknet oder verfestigt.
Großkunden wie BASF, Henkel oder Unilever liefern die Vorprodukte, die auf den über 350 meist im Haus entwickelten Maschinen als chemisches Endprodukt beispielsweise in Waschmittel, Kosmetika oder Pharmazeutika eingehen. Die externe Vergabe dieser Produktionsschritte erspart den industriellen Kunden eigene hohe Investitionen in der Verfahrenstechnik. Auch Pilotprojekte laufen bei Ebbecke vom Band. „Wir testen innovative Produkte auf Markttauglichkeit, bei einigen Kunden haben diese Produkte zu einem hohen Marktanteil geführt.
Weiteres Standbein ist die Lebensmittelindustrie: Mit geschälten Weizenkörnern unter dem Produktnamen Biograin stellt Ebbecke eine innovative Neuheit vor. Vom Korn werde dabei nur die äußere Schale, bestehend aus technisch minderwertiger Zellulose, abgeschält. Das Vollkorn bleibe erhalten. „Jegliche Schadstoffbelastung wie Keime, Schimmelpilze, Mykotoxine oder Pestizide kann damit fast vollständig entfernt werden“, weist der 49-Jährige auf die Vorteile hin. Eine neue Anwendung hat sich dafür bereits im Tierfutterbereich ergeben: Kunden bestellen bei der Ebbecke AG das Futter für Pferdegestüte.
Fördertöpfe für Gebäude und Technologien
Die A. Ebbecke Verfahrenstechnik AG ist ein wachsendes, ideenreiches Unternehmen. Immer wieder tüftelt der diplomierte Ingenieur und Kaufmann Ebbecke mit seinen rund 110 Mitarbeiter an neuen Verfahren und Techniken.
In der Summe bearbeitet das Unternehmen über 800 Produkte. Neben der Produktion und Verwaltung in Bruchköbel befindet sich ein weiterer Standort im nahen gelegenen Schöneck. An den bisherigen Standorten stießen die Expansionspläne an Axel Ebbecke allerdings an Grenzen. Die Wetterau hat ihn auch durch ländliche Struktur eingenommen. „Eine Produktion in der Natur ist von Nachhaltigkeit geprägt. Das wird ein prägendes Motiv für zukünftige Ansiedelungen in vielen Branchen sein. Wir schaffen interessante Arbeitsplätze vor Ort, das ist nachhaltig.“ Rund 40 Mitarbeiter werden dort, wenn die Produktionen in rund einem halben Jahr anlaufen, beschäftigt sein.
Die Sprühtrocknungsanlagen in Hirzenhain werden sieben und neun Meter hohe innenliegende Türme umfassen. Der Grundriss und die hohen Decken des Gebäudes sind dafür ideal: „Die einzelnen Anlagen können sehr gut voneinander abgegrenzt werden. Das wichtig ist mit Blick auf die Hygienestandards“, erläutert der Unternehmenschef.
Anreize für private Investoren, in solche Regionen zu investieren, bieten ebenfalls diverse Förderprogramme. „Neben der baulichen Förderung ist auch die technologische Förderung interessant“, erklärt Kai-Uwe Domes, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung des Wetteraukreises. Er und sein Geschäftsführer-Kollege Klaus Karger haben die Ansiedlung in dem bedeutendsten Industriedenkmal Hessens von Beginn an eng begleitet. „Wenn ein solches Industriedenkmal mit neuen Technologien revitalisiert wird, hat das eine enorme Strahlkraft für die gesamte Region“, führt Domes aus. Bisher beheimatet sind in unmittelbarer Nachbarschaft bereits BFG Feinguss Hessen oder das Deko-Studio Schwab.
Eine der kleinsten Gemeinden des Wetteraukreises mit einer langjährigen Eisengießertradition wird sich nunmehr zum Dreh- und Angelpunkt für Partikeldesign entwickeln. Denn angedacht ist in den Räumen auch ein Kompetenzzentrum für Sprühtrocknung.
Es soll eine Plattform für den Austausch mit den Hochschulen in Fulda, Gießen und Friedberg schaffen. „Start-ups sind eingeladen für Ihre Forschung oder Produktion unsere Sprühtürme zu nutzen“, weist Ebbecke auf geplante Kooperationen hin. „Gerne stellen wir Ihnen auch Büroräume oder Gewerbeflächen zur Verfügung.“ Da darf die öffentliche Hand nicht fehlen. Der Hirzenhainer Bürgermeister wird ebenfalls in dem Industriedenkmal sein neues Büro haben.