Proteinverschiebung durch Trockenmahlen und Klassieren
Die globale Lebensmittelversorgungskette befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Mit dem Wachstum der Weltbevölkerung steigt die Nachfrage nach Lebensmitteln, insbesondere nach Proteinen. Diese Nachfrage kann aufgrund des hohen Flächenbedarfs für die Tierhaltung und des Wasserverbrauchs nicht allein durch tierische Proteine gedeckt werden. Außerdem verlangen die Verbraucher zunehmend nach nachhaltigen Produktionsmethoden. Daher sind alternative Proteinquellen, die aus Pflanzen, Pilzen, Insekten sowie aus Algen oder bakteriell fermentierter Biomasse gewonnen werden, für den künftigen Bedarf von entscheidender Bedeutung und werden derzeit intensiv erforscht.
Eine gut etablierte Quelle sind Proteine auf Pflanzenbasis. Mit Blick auf die Herstellung von Fleischalternativen sind Proteinisolate aus Soja mit einem Proteingehalt von mehr als 80 % das Mittel der Wahl als Hauptzutat - meist durch verschiedene Nassextraktionsverfahren gewonnen.
Durch die Weiterentwicklung der Trockenfraktionierungstechnologien und der Saatgutzüchtung hat sich das Verfahren jedoch zu einer energieeffizienten Methode entwickelt, um hochwertige Proteinkonzentrate mit deutlich geringeren Anlageninvestitionen als bei den Nassverfahren herzustellen. Ziel ist es, durch Trockenmahlung und Windsichtung eine proteinreiche Fraktion mit einem deutlich höheren Proteingehalt als das Ausgangsmaterial zu erhalten.
Ausgehend von meist geschälten Erbsen, Mungobohnen oder Ackerbohnen erreichen die resultierenden Proteinfraktionen in der Regel Proteinkonzentrationen zwischen 55 und 70 % - rein mechanisch behandelt bei voller Funktionalität und nativem Zustand des Proteins. Ohne Frage sollte eine wirtschaftliche Ausbeute der Fraktion von 25 - 40 % (dm) generell erreicht werden. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind die Art, die Feuchtigkeit und das Ausgangsniveau des Proteins der jeweiligen Hülsenfrucht.
Um das Grundprinzip des Proteinverschiebungsprozesses zu verstehen, müssen wir uns das Kotyledon einer geeigneten Hülsenfrucht, wie z.B. der Erbse, ansehen: Der Größenunterschied zwischen großen, elastischen Stärkekörpern (40 µm) und kleinen Proteinkörnchen (3 -10 µm) ist die wesentliche Voraussetzung des Rohmaterials.
Verarbeitungsschritt 1 - Herstellung feinster Mehle
Der Prozess beginnt nach der Reinigung und Schälung der Hülsenfrüchte. Durch das Mahlen werden die relativ großen Stärkekörper von den kleineren Eiweißanteilen abgetrennt. Darüber hinaus sollte die Beschädigung der Stärke vermieden werden, um ihre Qualität zu erhalten. Am effektivsten und schonendsten wird dies durch die Prallmahlung in einer NETZSCH-Sichtermühle CSM erreicht. Eine Feinheit von etwa 40 - 60 µm (d90) des gewonnenen Mehls ist ideal.
Verarbeitungsschritt 2 - Effiziente Trennung
Mit Hilfe eines Hochleistungssichters wird das Mehl anschließend in eine eiweißreiche und eine eiweißarme Fraktion („Stärkefraktion“) getrennt. Da in diesem Feinheitsbereich herkömmliche Sichter an ihre Grenzen stoßen, wird die Trennung mit dynamischen Windsichtern durchgeführt. Um höchste Ausbeuten bei minimalem Proteinverlust in der Stärkefraktion zu erreichen, wird der NETZSCH-Hochleistungs-Feinsichter CFS/HD-S, eingesetzt. Dazu wird das gemahlene Produkt in einen Ringspalt geleitet, der zur optimalen Dispersion mit Luft beaufschlagt wird. Durch den Ringspalt werden die Partikel in eine Kreislaufbewegung versetzt und durch die zusätzlichen Zentrifugalkräfte voneinander getrennt. Die Trennung ist im Vergleich zu herkömmlichen Sichtertypen wesentlich effektiver.
Im März 2024 schlossen ANDRITZ und NETZSCH eine strategische Partnerschaft, um den Markt für alternative Proteine mit innovativen Technologien zu bedienen. Die Zusammenarbeit vereint das Know-how von NETZSCH in der Feinvermahlung und der anschließenden Sichtung zur Gewinnung einer proteinreichen Fraktion mit dem umfassenden Prozesswissen von ANDRITZ in den Bereichen Konditionierung, Extraktion, Entwässerung, Trocknung, Extrusion und Pelletierung. So bieten die Partner maßgeschneiderte Lösungen für schlüsselfertige Anlagen oder konzeptionelle Entwürfe und natürlich Testmöglichkeiten.