Sieben, Dosieren, Abfüllen
Beengte Produktion sucht passgenaue Anlage
Wenn es um die Anschaffung neuer Maschinen und Anlagen geht, können beengte Raumverhältnisse am Aufstellort schnell zum Problem werden. Und das ist längst nicht nur dann der Fall, wenn eine zusätzliche Komponente in einen bestehenden Prozess integriert werden soll. Auch bei einer von Grund auf neu geplanten Produktionshalle ist Platz oft Mangelware. Müssen dann noch viele verschiedene Produktions- und Verfahrensschritte abgebildet und nahtlos miteinander verknüpft werden, stößt man als Anlagenplaner mit standardisierten Komponenten schnell an seine Grenzen.
Vor dieser Herausforderung stand auch ein Produzent aus der Chemiebranche, der für seine geplante Produktionshalle eine passende Anlagenunit suchte. Die Aufgabenstellung: Verschiedene chemische Produkte sollten am Ende des Herstellungsprozesses von Grobanteilen befreit und anschließend dosiert in Big Bags abgefüllt werden.
Prozessabschnitt Nr. 1: Die Abtrennung von Grobanteilen
In diesem speziellen Anwendungsfall sollte das Vibrationssieb erhöht auf dem Boden des ersten Stocks installiert werden – im Erdgeschoss darunter die Big Bag Abfüllstation. Die ausgesiebten Grobanteile sollten über den Grobgutauslauf in einen bauseitigen Sammelbehälter neben der Abfüllstation eingetragen werden. Um diesen Behälter überhaupt erreichen zu können, musste der Grobgutauslauf der JEL Konti umkonstruiert und um 30° geneigt werden.
Da die einzelnen Produkte auch unterschiedliche Schüttguteigenschaften aufweisen, sollte das Sieb flexibel anpassbar sein – ein prädestinierter Anwendungsfall für die JEL Konti. Viele Parameter der Konti sind regulierbar, wie beispielsweise die Siebneigung, Schwingamplitude oder auch der Einstellwinkel der Vibrationsmotoren. So können auch mehrere Produkte problemlos gesiebt werden. Da bei Produktwechseln oft auch andere Siebleger verwendet werden, ist ein schneller Austausch der Einleger definitiv von Vorteil. Dank dem speziellen Schubladensystem der JEL Konti erfolgt dieser in Sekundenschnelle und mit nur wenigen Handgriffen. Die meisten Siebmaschinen müssen erst von der Produktzuführung getrennt werden, damit der Maschinendeckel und die einzelnen Siebdecks demontiert und von oben aus der Maschine entnommen werden können. Bei der JEL Konti wird lediglich ein stirnseitiger Maschinendeckel abgenommen und schon kann der Siebeinleger wie eine Schublade aus dem Siebgehäuse gezogen werden. Die Abtrennung von der Produktzu- und Abführung ist in dem Fall nicht erforderlich.
Genauso wichtig wie flexible Anpassungsmöglichkeiten und ein einfaches Handling, ist die gründliche Reinigbarkeit des Equipments – denn gerade bei häufig anfallenden Produktwechseln sollte sichergestellt sein, dass sich die verschiedenen Schüttgüter nicht miteinander vermischen. Auch hier bietet die JEL Konti Vorteile: Der rechteckige Siebtrog ist mit vergrößerten Radien ausgeführt. Dadurch ist der Innentrog frei von Ecken und Kanten, in denen sich Produktreste festsetzen könnten. Innenliegende Dichtungen sind bequem erreichbar und können schnell und ohne den Einsatz von Werkzeugen entfernt, gereinigt und anschließend wieder aufgesteckt werden. So wird der Reinigungsaufwand auf ein Minimum reduziert.
Prozessabschnitt Nr. 2: Die Dosierung
Nach der Siebstufe sollte das Produkt dosiert in die Big Bag Abfüllstation gefördert werden. Das Problem dabei: Wird ein voller Big Bag abgebunden und ein neuer in die Station eingebracht, müsste man die Siebmaschine abschalten, damit sich das Produkt nicht in den Förderorganen anstaut. Das kostet nicht nur Zeit, sondern vor allem wertvolle Durchsatzleistung. Um das zu vermeiden schlug Engelsmann vor, einen Vorlagebehälter als Pufferspeicher zwischen Siebmaschine und Abfüllstation zu integrieren. Auf diese Weise kann der Bediener bequem den angeschlossenen Big Bag wechseln ohne dass der Herstellungs- bzw. Siebprozess gestoppt werden muss. Viel Raum stand für diesen Zwischenschritt jedoch nicht zur Verfügung, denn die Big Bag Abfüllstation nahm mit ihren geplanten 3,10 m Höhe bereits sehr viel Platz in Anspruch. Der Vorlagebehälter musste also konstruktiv so angepasst werden, dass er genau in den verbleibenden Raum zwischen der Big Bag Abfüllstation und der Siebmaschine passt. Um dem gerecht zu werden, wurde der obere Teil des Vorlagebehälters direkt in die Geschossdecke unterhalb der Vibrationssiebmaschine eingelassen.
Der Vorlagebehälter ist mit zwei Füllstandsmeldern ausgestattet, die den Mindest- und Maximal-Füllstand überwachen. Auch hier war es dem Betreiber wichtig, das Equipment an verschiedene Produkte und Prozesseigenschaften anpassen zu können. Denn die verteilen sich auch auf unterschiedliche Art und Weise im Behälter. Trockene, rieselfähige Produkte bauen eine gleichmäßige Materialsäule im Behälter auf, die Füllstandsmessung ist unproblematisch. Produkte mit ungünstigeren Fließeigenschaften verteilen sich oft ungleichmäßiger und bilden steile Schüttkegel unter dem Einlauf, was die Messung erschwert. Bei dem Vollmelder entschied sich der Betreiber daher für eine Schwinggabel mit Rohrverlängerung, bei der die Gabel an jeder beliebigen Stelle des Rohrs befestigt werden kann. Zusätzlich ist der Vorlagebehälter mit einem Schneckenprobenehmer ausgestattet. Der ermöglicht es dem Betreiber, Proben aus dem laufenden Produktstrom zu entnehmen.
Genau wie die Siebmaschine, sollte auch der Behälter möglichst schnell und einfach reinigbar sein. Der Deckel wurde daher verschraubt ausgeführt, sodass der Bediener mit nur wenigen Handgriffen Zugang zum Inneren des Behälters bekommt und ihn einfach reinigen kann.
Der dosierte Materialaustrag aus dem Vorlagebehälter in die Abfüllstation wird mit einer Vibrationsdosierklappe am Auslauf des Behälters gesteuert. Vibrierende Dosierklappen haben vor allem zwei Vorteile gegenüber handelsüblichen Klappen: Ein besserer Produktfluss ohne Brückenbildung und eine sehr genaue Dosierung. Werden Standard-Dosierklappen nach längerer Zeit wieder geöffnet, bleibt der Produktfluss oft zunächst aus. Grund dafür sind Materialbrücken die sich häufig bilden, wenn ein Schüttgut für längere Zeit nicht bewegt wurde. Besitzt die Dosierklappe eine Vibrationsfunktion, kann diese vor dem Öffnen der Klappe betätigt werden, wodurch sich die Vibration auf die darüber liegende Materialsäule überträgt. Dadurch wird der Massefluss wieder in Gang gesetzt. Die Steuerung des Öffnungswinkels der Dosierklappe ermöglicht zudem eine sehr genaue Dosierung beim Produktaustrag. Über die angebaute Steuerung wählt der Bediener das gewünschte Sollgewicht, die Dosierung aus dem Behälter erfolgt dann automatisch.
Prozessabschnitt Nr. 3: Die Abfüllung
Aus dem Vorlagebehälter kommend, fließt das Produkt über einen flexiblen Kompensator direkt in die Big Bag Abfüllstation bzw. den daran angeschlossenen Big Bag. Zur Verwiegung der Gebinde ist die Abfüllstation mit einem Wägerahmen ausgestattet, der auf vier Wägemesszellen aufgebaut ist. Der Kompensator ist in dem Fall nicht nur reines Bindeglied zwischen Vorlagebehälter und Abfüllstation - er entkoppelt auch die Waage, damit lediglich der angeschlossene Big Bag verwogen wird. Der Anschluss eines leeren Big Bags ist denkbar einfach: Über eine Bühne kann der Bediener den Big Bag bequem in die Haken der Station einhängen. Nun wird der Big Bag Einlauf am Abfüllkopf befestigt und die Blähmanschette pneumatisch betätigt. Durch das Aufblasen der Manschette wird der Big Bag fest in dieser Position verklemmt und kann nun sicher befüllt werden. An den seitlichen Aspirationsanschluss kann eine bauseitige Entstaubungsanlage angeschlossen werden, die einen staubfreien Abfüllprozess gewährleistet. Da der Kunde die Entleerstation über eine bauseitige Bühne bedienen wollte und verhältnismäßig große Big Bags einsetzt (2m Höhe), handelt es sich auch bei dem Abfüllgestell um eine Sonderkonstruktion, die speziell für diese Anwendung konzipiert wurde. Da es sich beim Aufstellort um einen explosionsgefährdeten ATEX Bereich handelt, ist die komplette Abfüllstation geerdet ausgeführt.
Fazit: Die Integration von Produktionsequipment erfordert ein hohes Maß an Flexibilität: vor allem dann, wenn die Platzverhältnisse am Aufstellort schwierig sind. Oftmals können Produktionsanlagen erst durch die exakte Anpassung an die Prozesswelt des Auftraggebers, wirtschaftlich betrieben werden. Durch die passgenaue Integration der Anlagenunit konnte der Auftraggeber in diesem Beispiel den begrenzten Platz optimal ausnutzen und sogar einen zusätzlichen Prozessschritt integrieren. Dank dem Vorlagebehälter als Zwischenpuffer konnte der Betreiber die Durchsatzleistung seines Produktionsprozesses maximal ausreizen.