Hochleistungspulver am Puls der Zeit
Materialien der Zukunft bedingen immer spezifischere Eigenschaftsprofile. Die Glatt Pulversynthese setzt Maßstäbe bei der Herstellung neuer Pulverwerkstoffe für Hochleistungskeramiken, Batteriewerkstoffe, Katalysatoren oder Spezialpigmente.
Materialien der Zukunft bedingen immer spezifischere Eigenschaftsprofile. Die Glatt Pulversynthese setzt Maßstäbe bei der Herstellung neuer Pulverwerkstoffe für Hochleistungskeramiken, Batteriewerkstoffe, Katalysatoren oder Spezialpigmente
Weltweit steigen in nahezu allen Branchen die Anforderungen an die Funktionalität und Lebensdauer von Produkten. Die benötigten Hochleistungsmaterialien stellen die Material und Werkstoffentwickler und damit auch die Pulverhersteller vor neue Herausforderungen. Mit einer Weiterentwicklung der Pulversynthese hat der Anlagenbauer und Prozessexperte Glatt ein Verfahren etabliert, das das Design von Primärpartikeln auf ein neues Level hebt: Die wegweisende Technologie der Sprühtrocknung und Sprühkalzination im pulsierenden Gasstrom ermöglicht das zielgenaue Design ganz neuer Pulvertypen im Nano- und Mikrometerbereich mit exakt eingestellten Eigenschaften. Materialien können hinsichtlich Handling, Funktionalität und Komplexität in einem bislang ungekannten Maß spezifisch auf verschiedenste Applikationsspektren maßgeschneidert werden. Prozessschritte wie Partikelbildung, Trocknen und Kalzinieren erfolgen dabei in einem einzigen kombinierten Verfahrensschritt.
Sekundenschneller Prozess
Mithilfe der Glatt Pulversynthese können Pulverpartikel hergestellt, modifiziert oder beschichtet werden. Der Prozess läuft in einem kontinuierlich betriebenen Reaktionsrohr ab und dauert in vielen Anwendungsfällen weniger als eine Sekunde. In den im Reaktorraum pulsierenden Gasstrom werden Lösungen, Suspensionen oder Feststoffe eingesprüht. Je nach Zielstellung werden die Materialien getrocknet, beschichtet oder schlichtweg thermisch behandelt, in Sekundenbruchteilen ab gekühlt und im Filter abgeschieden. Der pulsierende Gasstrom weist im Vergleich zu einer laminaren Strömung einige Vorteile auf: Es entstehen Turbulenzen, die Gradienten bei Temperatur und Verweilzeit minimieren. Durch die pulsierende Gasströmung werden die Grenzflächen an den entstandenen Partikeln abgetragen, wodurch ein deutlich schnellerer Energieeintrag in die Partikel stattfinden kann. Im Detail läuft der Prozess folgendermaßen ab: Die mittels einer Düse eingesprühte Lösung, Suspension oder ein Feststoff trifft im Reaktor auf den temperierten, pulsierenden Gasstrom, wo sie durch die Pulsation und den Temperaturschock in ultrafeine Tropfen zerteilt wird. Anschließend wird das Lösungsmittel, bevorzugt Wasser, verdampft und das gelöste Material getrocknet und optional bei erhöhten Temperaturen kalziniert.
Aus Lösungen entstehen homogene feine Partikel und aus Suspensionen ist die Erzeugung und Kalzinierung von Core-Shell Partikeln in nur einem Prozessschritt möglich. Die beschleunigte Partikelbildung und Phasenumwandlung sorgt für die gewünschten Reaktionszustände und ermöglicht die Bildung einzigartiger Strukturen. Eine anschließende thermische Behandlung verändert die chemischen, kristallographischen und Oberflächeneigenschaften. Ein Quencher schreckt, mittels eines kalten Gases, diese Strukturen in weniger als einer Sekunde ab und „friert“ diese ein. Jetzt wird das Material in verschiedenen Filtern abgeschieden und isoliert. Bei Bedarf lassen sich funktionelle Core-Shell Partikel mit spezifischen Schichtdicken-, Porositäts- und Aktivitätseigenschaften erzeugen. Die Glatt Pulversynthese eignet sich da rüber hinaus zur Beschichtung von nm- und µm-großen Pulvern, wobei Suspensionen als Rohstoffe für das Coating dienen. Coatings schützen nicht nur, sie können auch neue Funktionen hinzufügen. Werden Kernmaterial und Beschichtung chemisch verbunden, entstehen neue Stoffe.
Unterschied zu anderen Verfahren
Die Glatt Pulversynthese ermöglicht eine homogene Verteilung der Reaktionskomponenten während des Produktionsprozesses, ohne zeit- und energieaufwändige Partikelvermahlung. Im Gegensatz zur Flammenpyrolyse, der Pulverherstellung im Plasmareaktor oder in Drehrohröfen, wo die Wärmebehandlung intensiver oder weniger homogen erfolgt, bilden sich bei der Pulversynthese keine lokalen Hot Spots, also auch keine harten Aggregate. Dadurch lassen sich die einzelnen Partikel leicht trennen und dispergieren. Die thermodynamischen Bedingungen sind durch eine gezielte Prozesskontrolle leicht anpassbar: Prozessbedingungen wie Temperatur, Verweilzeit, Frequenz und Amplitude werden ebenso präzise eingestellt wie die Durchflussgeschwindigkeit des Prozessgases. Abhängig von der Anwendung kann eine oxidierende oder sauerstofffreie Gasatmosphäre genutzt werden.
Anwendungsfeld Batteriewerkstoffe
Das Zeitalter der Verbrennungsmotoren und Ölheizungen geht zu Ende. Rund um den Globus wird mit Hochdruck an leistungsstarken Energiespeichern gearbeitet. Die Herausforderung besteht darin, aktive Batteriematerialien und feste Elektrolyte in großem Maße mit gleichbleibender Qualität, Homogenität und Dotierungsgrad herzustellen. Die vorgestellte Pulversynthese ermöglicht es, aktive Batteriematerialien auf oxidischer Basis, wie LNMO (Lithium-Nickel-Manganoxid-Kathodenmaterial) oder NCM (Nickel-Kobalt-Mangan), aber auch Si-C-Kompositmaterialien für neuartige Elektroden zu erzeugen. Auch besonders homogene Materialien für Feststoffelektrolyte können so produziert werden. Festkörperbatterien versprechen schnellere Ladezeiten und eine höhere Energiedichte als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Sie gelten ebenfalls als noch sicherer, zuverlässiger und langlebiger.
Anwendungsfeld Hochleistungskeramiken
Hochleistungskeramiken ersetzen immer mehr herkömmliche Werkstoffe. Nicht nur Batterien, LEDs oder Beschichtungssysteme, sondern auch Schneidstoffe für die Metallzerspanung, Komponenten für den Korrosionsschutz, Kathodenmaterial für Brennstoffzellen und unzählige Anwendungen in der Elektronik wie auch in der Umwelttechnik basieren heutzutage auf keramischen Pulverwerkstoffen. Möglich machen dies immer leistungsfähigere, komplexe Stoffsysteme. Ein Weg, neue Eigenschaften zu erreichen, führt bspw. über Dotierungen. Die Glatt Pulversynthese gewährleistet eine ideale homogene Verteilung der unterschiedlichen Dotierungselemente auf alle Pulverpartikel. So kann auch bei sehr komplexen Systemen die gewünschte Stöchiometrie perfekt eingestellt werden. Neben der chemischen ist auch die mineralogische Zusammensetzung konfigurierbar, z.B. als Mischoxide der Typen Spinell, Perowskit, Titanat oder Mullit.
Markteintritt über die Lohnfertigung
Um die Investitionsentscheidung für einen eigenen Reaktor auf realen, handfesten Ergebnissen anstelle von Modellrechnungen zu treffen, bietet es sich an, die neuen Pulvertypen zunächst in Lohnfertigung erzeugen zu lassen. Entsprechende Kapazitäten hält der Prozessexperte im Technologiezentrum in Weimar vor. Dieser Schritt gleicht einer Probefahrt: Kunden können den Synthesereaktor ProAPP 500 im Live-Betrieb erleben, die Herstellung ihrer Pulver und Granulate mitverfolgen und gleichzeitig Erfahrungen in Bezug auf den Herstellungsprozess sammeln. Vor allem sind sie im Prinzip sofort lieferfähig und sichern sich einen Marktvorsprung – und die Entwicklungskosten können schneller amortisiert werden. Für Machbarkeitsstudien, die Überprüfung von Material- und Prozessideen sowie die Produktion erster Muster und Testchargen steht in Weimar ein Reaktor im Labormaßstab zur Verfügung. Der Pro-APP Lab ermöglicht es, Materialien innerhalb eines Temperaturspektrums von Raumtemperatur bis zu 900 °C zu optimieren; neben einer großen Parameter-Variation kann unter oxidierendem Regime oder inerten Bedingungen produziert werden. Partnerschaftlich zur Seite steht – von der Idee bis zur schlüsselfertigen Produktion – jeweils ein interdisziplinäres Team aus erfahrenen Verfahrensingenieuren, Materialwissenschaftlern und Chemikern von Glatt.
Quelle: CITplus Ausgabe 11/2019, S. 41-43 (WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, Deutschland)
Autor: Dr. Jörg Wagner, Leiter Advanced Powder Processing, Glatt Ingenieurtechnik