Den Kreislauf schließen – Phosphorrückgewinnung im Industriemaßstab
Phosphatdünger aus recycelten Klärschlammaschen mit der PHOS4green-Technologie von Glatt: eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösung
Aschebasierte Recycling-Verfahren zählen zu den vielversprechenden und wirtschaftlich attraktiven Möglichkeiten, wenn es um die Umsetzung der gesetzlich festgelegten Phosphorrückgewinnung geht. Seit Juni sind die ersten, mit dem PHOS4green-Verfahren hergestellten Dünger auf dem deutschen Markt erhältlich. Entwickelt wurde die Technologie, die das in Klärschlammaschen enthaltenen Phosphor aufschließt und in marktfähigen Endprodukten wiederverfügbar macht, von dem Anlagenbauer und Prozessexperten Glatt Ingenieurtechnik in Kooperation mit dem Düngerspezialisten Seraplant.
Im Interesse vieler Akteure
Im Industriepark Höchst wird seit Herbst 2020 im Rahmen des Verbundvorhabens RePhoRM an einer technologischen und organisatorischen Verbundlösung für ein Phosphorrecycling im Rhein-Main-Gebiet gearbeitet (Verfahrenstechnik 11/2020 berichtete). Dabei wird zunächst im Labormaßstab die grundlegende Eignung zur Schwermetallentfrachtung untersucht. Schwermetalle im Klärschlamm werden bei der thermischen Verwertung nur geringfügig abgebaut. Deshalb erfüllt ein erheblicher Teil der heutigen Aschen nicht die Anforderungen der Düngemittelverordnung (DüMV) und Regulation EG Nr. 2019/1009 und macht eine Schwermetallabreicherung erforderlich. Im nächsten Schritt wird im halbtechnischen Maßstab eine Dimensionierungsgrundlage erarbeitet. Ziel ist die Implementierung einer großtechnischen Anlage für eine kooperative Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen, die von einem regionalen Phosphorrecyclingverbund betrieben werden soll.[1]
Erste Großserienproduktion gestartet
In Sachsen-Anhalt wurde im Mai dieses Jahres die erste industrielle Produktionsanlage in Betrieb genommen. Die Wirbelschichtanlage zur Sprühgranulation der phosphorhaltigen Suspension beim Entwicklungspartner Seraplant in Haldensleben läuft im kontinuierlichen Betrieb. Das Herzstück – der Wirbelschichtgranulator AGT 750 – ist für eine Kapazität von 60.000 Tonnen phosphathaltige Einzel- und Mehrnährstoffdünger pro Jahr ausgelegt. Mit der Planung und Umsetzung der kompletten Anlagentechnik wurde Glatt Ingenieurtechnik beauftragt. Im Werk wird das Phosphat zunächst mithilfe einer Säure aufgeschlossen (Abb. 1). Anschließend wird das Stoffgemisch zu einer Suspension aufbereitet, der je nach Applikation weitere Nährstoffkomponenten zugesetzt werden. Bei Bedarf lassen sich zusätzliche Phosphatquellen einbinden. Die Suspension wird im Wirbelschichtgranulator versprüht, wo sie auf ein Wirbelbett aus fluidisierten, arteigenen Partikeln trifft. Diese Granulationskerne werden im Prozess selbst geniert – entweder durch Abrieb oder durch verdüste Tröpfchen, die die fluidisierten Partikel im Wirbelbett verfehlen und direkt trocknen. Das Lösungsmittel – in diesem Fall Wasser, möglich sind auch organische Lösungsmittel – verdampft und die Filmtrocknung verursacht ein Partikelwachstum. Durch den schichtweisen Aufbau entstehen abriebfeste, kompakte und runde Düngergranulate mit zwiebelförmiger Struktur, die klassierend ausgetragen und direkt abgefüllt werden. Der zweistufige Prozess verwertet die Aschen komplett, es bleiben keine Reststoffe übrig. Die so erzeugten Düngemittel können mit den marktüblichen Technologien auf die Felder ausgebracht werden.
Wissenschaftliche Studie belegt Pflanzenwirksamkeit
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie wurden Pflanzversuche durchgeführt, um die Pflanzenwirksamkeit verschiedener PHOS4green-Dünger im Vergleich mit handelsüblichem Dünger zu untersuchen. In Pflanzgefäßen wurden Weidelgras (Lollium) und Luzerne (Medicago sativa) mit Rohphosphat, Triplesuperphosphat, PHOS4green-P38 (Doppelsuperphosphat, PHOS4green-46 (Triplesuperphosphat) und PHOS4green Special (Phosphat-Mehrnährstoffdünger) gedüngt. Weidelgras ist ein Modellgetreide, Luzerne kann exemplarisch für zweikeimblättrige Kulturen wie Kartoffeln, Rüben, Raps etc. betrachtet werden. Ein ungedüngtes Standardsubstrat diente der Versuchskontrolle. Im Abstand von vier Wochen wurden fünf Ernten untersucht, außerdem wurden Wurzelausscheidungen geprüft. Die Düngewirkung wird anhand der gebildeten Biomasse (Trockenmasse) und der Phosphorkonzentration in den oberirdischen Pflanzenteilen bewertet. Die Frischmasse wird statistisch ausgewertet. Anhand des Phosphor-Abbauparameters wird die absolut aufgenommene Phosphormenge im Spross untersucht. Im Ergebnis war die Menge geernteter Frischmasse bei Triplesuperphosphat-Proben vergleichbar hoch wie bei der Anwendung der PHOS4green-Dünger, gleiches galt für die Biomasse. Zur Untersuchung der Pflanzenwirksamkeit einzelner PHOS4green-Dünger sind weitere Laborstudien und Feldversuche vorgesehen.
[1] Website von IWAR, TU Darmstadt/RePhorRM/index.de.jsp, letzter Aufruf am 28.07.2021
» Autor: Jan Kirchhof, Senior Sales Manager Process & Plant Engineering, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
» Im Original veröffentlicht im Fachmagazin ‚Verfahrenstechnik‘, Ausgabe November/2021, Vereinigte Fachverlage