Die Verarbeitung lösungsmittelhaltiger Extrakte und temperaturempfindlicher Substanzen wie Mikroorganismen oder Enzyme stellt hohe Anforderungen an Prozessbedingungen, Arbeitsschutz und Anlagensicherheit. Die Vakuumwirbelschicht-Technologie des Anlagenbauers Glatt ist eine weitere Möglichkeit, durch das Absenken des Siedepunktes bei reduzierten Systemdrücken noch temperaturschonendere Prozesse zu realisieren. Davon profitieren Lebendzellen, Produkte mit organischen Lösungsmitteln, aber auch Agglomerate mit hoher Festigkeit.
Wässrige Prozesse und ihre Grenzen
Die Wirbelschichttechnologie zeichnet sich durch einen exzellenten Wärme- und Stoffaustausch aus. Jedes einzelne Produktteilchen wird vom Prozessgas in die Schwebe gebracht, um eine perfekte Durchmischung und eine homogene Temperaturverteilung zu erzielen. Diese bekannten Vorteile der Konvektionstrocknung gegenüber Kontakttrocknern werden für temperaturempfindliche Produkte wie Hefen, Enzyme und andere reaktive Substanzen genutzt. Die effiziente Trocknung in der Wirbelschicht ermöglicht eine Vielzahl weiterer Verfahren wie die Sprühgranulation von Suspensionen und Lösungen, die Agglomeration von Pulvern oder das Beschichten einzelner Partikel mit funktionalen Filmen. Diese Optionen sind „State of the Art“ für wässrige Prozesse. Extraktions-, Fällungs- oder Kristallisationsprozesse erfordern jedoch häufig organische Lösungsmittel und die herausragende Qualität manch funktioneller Beschichtung basiert auf wasserunlöslichen Polymeren.
Mehr Explosions- und Umweltschutz
Das Handling von organischen Lösungsmitteln erfordert zusätzliche Schutzmaßnahmen, die wie folgt eingeteilt werden können:
Vermeidung von Zündquellen und zündfähigen Gemischen
- Nutzung von Inertgas
- Kreislaufbetrieb unter Vakuumbedingungen
Ausreichende Festigkeit der Anlagen
- 12 bar druckstoßfeste Ausführung
- Betrieb im Vakuum bei Standardanlagen
Vermeidung von Emissionen
- Kondensation des Lösungsmittels im Kreislaufbetrieb
- Abluftreinigung bei Frischluft/Fortluft durch Wäscher oder thermische Nachverbrennung
Eine sichere und dabei wirtschaftliche Möglichkeit ist die Vakuumwirbelschicht, die die Vorteile beider Prozessarten, der Konvektions- und der Vakuumtrocknung verbindet. Das Unterschreiten des Mindestzünddruckes stellt den Explosionsschutz sicher. Durch den Verzicht auf Inertgase werden so die Betriebskosten gesenkt und die Bauteile wie Heizregister und Kondensatoren könne deutlich kleiner ausgeführt werden. Besonderheiten wie die für die Zerstäubung von Bindern eingesetzten Einstoffdüsen und das Trocknungsverhalten der Lösungsmittel eröffnen neue Möglichkeiten in der Produktentwicklung, wie die nachfolgenden Erkenntnisse aus Case Studies unter Normaldruck und unter Vakuum belegen.
Schneller, weniger Restlösungsmittel
Aus der Kontakttrockung unter Vakuum ist bekannt, dass die Verdampfung von Lösungsmittel bei niedrigem Partialdruck und Siedetemperatur sehr viel effizienter funktioniert. Trotzdem sind mehrere Stunden Trocknungszeit üblich, da die Wärmezufuhr über die beheizte Wandung durch Wärmeleitung in das Produkt gelangt. Gegenüber der konventionellen Trocknung punktet die Wirbelschicht durch die Konvektion. Hier bringen unter Normaldruck Inertgas oder Luft die einzelnen Partikel in die Schwebe, im Vakuum erfüllt das verdampfte Lösungsmittel diesen Zweck. Der Massenstrom des zirkulierenden Dampfes ist gering, erbringt aber durch eine höhere Anströmgeschwindigkeit die erforderliche Druckdifferenz zum Verwirbeln. Gleichzeitig dient der Gasstrom dem Wärmeeintrag und der Übertragung. Letztere hängt von den Eigenschaften des Lösungsmittels, vom Systemdruck und der Temperatur ab. Um das Vakuum aufrecht zu erhalten, wird das verdampfte Lösungsmittel dem Kreislauf entzogen und kondensiert – ein Pluspunkt in puncto Nachhaltigkeit.
Ein großer Vorteil gegenüber einem Frischluft-/Fortluftprozess oder der Verwendung von Inertgas ist die zusätzliche Triebkraft, die durch die Absenkung des Systemdrucks entsteht. Je nach Lösungsmittel können Restwerte im zwei- und niedrigen dreistelligen ppm-Bereich erzielt und die Gesamttrocknungszeit signifikant verkürzt werden.
Verbesserte Druckfestigkeit für Agglomerate
Ein weiterer Prozess typischer Wirbelschichtprozess ist die Agglomeration von Pulvern zu rieselfähigen, staubfreien Granulaten. Um die Einflüsse des Vakuums auf die Granulatbildung zu untersuchen, wurden im Technologiezentrum bei Glatt in Weimar Versuche unter Normaldruck (mit Stickstoffkreislauf) und unter Vakuumbedingungen durchgeführt. Als Modellsubstanz wurde Laktosepulver mit einer 5,5%igen Binderlösung aus Eudragit S 100 und Aceton/Methanol besprüht. Die Zerstäubung im Vakuum erfolgte durch eine Einstoffdüse, wobei die Tröpfchengröße durch die Anpassung der Sprührate eingestellt wurde. Der Binderanteil im Endprodukt betrug 9%. Die Agglomerate (Abb. 1+2) waren sowohl in der Partikelgrößenverteilung (Abb. 3) als auch in der Schüttdichte vergleichbar. Ein deutlicher Unterschied zeigte sich hingegen in der Festigkeit: Die Agglomerate im Vakuum zeichneten sich durch eine mehr als doppelt so hohe Druckfestigkeit (Abb. 4) aus – ein deutlicher Vorteil zum Beispiel für allergene Produkte.
Trocknung von Hefezellen
Die Haltbarmachung von lebenden Organismen stellt besondere Anforderungen an den Trocknungsprozess. Bakterien werden deshalb standardmäßig durch eine Gefriertrocknung haltbar gemacht. Hefen verlieren je nach Stamm bei Temperaturen > 45°C die Enzymaktivität und ihre Teilungsfähigkeit. Für die Trocknung von Bäckerhefe (Hefeextrudate mit 60 – 70% Feuchte) hat sich die Wirbelschicht etabliert: Temperaturen von max. 30°C und sehr trockene Prozessluft ermöglichen die notwendig kurzen Trocknungszeiten. Verschiedene Trocknungsversuche in der Vakuumwirbelschicht haben gezeigt, dass auch wässrige Hefeextrudate von der Erniedrigung des Siedepunktes profitieren. Im Ergebnis war die Überlebensrate gegenüber der Trocknung unter Normaldruck deutlich höher. Bei einem Vergleich verschiedener Parametersettings im Vakuumbetrieb erwiesen sich die Temperatur und die Trocknungsgeschwindigkeit als entscheidend. Prozessgaseintrittstemperaturen unter 30°C und ein Systemdruck von 100 mbar führten zu den besten Überlebensraten. Diese Ergebnisse sind vielversprechend für die Trocknung von Lebendzellen.
Autorin: Gudrun Ding, Head of Business Development Process Technology, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
Im Original veröffentlicht in der Fachzeitschrift dei - die ernährungsindustrie, Ausgabe 06/2021, S. 32-33, Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH