Funktionelle Inhaltsstoffe auf pflanzlicher Basis verhalten sich oft anders, als es für ihren Einsatz in Lebensmitteln, Getränken und Nahrungsergänzungsmitteln wünschenswert wäre. Innovative Verfahren wie die doppelte Mikroverkapselung können helfen, ihre Bioverfügbarkeit und Löslichkeit entscheidend zu verbessern.
Kurkuma ist nicht nur als Gewürz in der kulinarischen Welt gefragt, es erfreut sich auch dank seiner positiven gesundheitlichen Eigenschaften stetig wachsender Beliebtheit.1 Sein funktioneller Inhaltsstoff, das Polyphenol Curcumin, wird auch als stark färbender, gelber Lebensmittelfarbstoff verwendet. Die medizinischen Eigenschaften der rhizomatischen, mehrjährigen Pflanze (Curcuma longa) aus der Familie der Ingwergewächse sind seit Jahrtausenden bekannt.2 In asiatischen Ländern wird Kurkuma traditionell als Heilpflanze verwendet, da es nicht nur antioxidative, entzündungshemmende und antimutagene Eigenschaften hat, sondern zusätzlich auch antimikrobiell und krebshemmend wirkt.3-5 Der begehrte Inhaltsstoff Curcumin wird unter anderem in Lebensmitteln, Getränken und Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt. Eine der größten Herausforderungen ist seine schlechte Bioverfügbarkeit, die vermutlich auf seine geringe Wasserlöslichkeit, begrenzte Absorption im Darm bei oraler Einnahme, schnellen Stoffwechsel und rasche Ausscheidung zurückzuführen ist.6 Auch die Verwendung in den meisten Lebensmitteln und Getränken wird dadurch eingeschränkt (Abbildung 1). Curcumin ist auch für seinen speziellen Geschmack bekannt, den viele Verbraucher nicht unbedingt schätzen. Gefragt ist eine Technologie, welche die Wirkstoffeigenschaften gezielt für den Einsatzzweck optimiert. Glatt Ingenieurtechnik, Weimar, ist als Experte für Anlagenbau und Verfahrensentwicklung sowie Pionier der Wirbelschichttechnologie auf solche Fragestellungen spezialisiert. Zusammen mit Sphera Encapsulation, Verona, und den Experten von Lipofoods aus der Lubrizol Corporation, wurde ein neuartiges Verkapselungsverfahren entwickelt.
Der doppelte Verkapselungsansatz
Das neue Verfahren ist ein doppelter Verkapselungsansatz, der die einzelnen Curcumin-Partikel zunächst mit der fehlenden Funktionalität ausstattet und dann die Partikelbildung verbessert. Dazu werden im ersten Schritt Mikropartikel hergestellt. Durch die Kombination einer biologisch abbaubaren Hülle auf Proteinbasis mit einer geringen Partikelgröße können dabei Transparenz, hohe Stabilität in Lösung und ausgezeichnete Bioverfügbarkeit erreicht werden. Es treten weder störende Aggregations- noch Koaleszenzphänomene auf. Die schonende Technologie zur Herstellung der verkapselten Partikel verursacht keine thermische Belastung, die die empfindlichen Moleküle beeinträchtigen könnte.
Nach der Verkapselung ist die Löslichkeit des Curcumin-Extraktes in Wasser deutlich höher (Abbildung 1). Aufgrund der geringen Größe und des niedrigen Polydispersitätsindex (PDI) der in Wasser dispergierten Partikel ist die eingekapselte Curcumin-Lösung sowohl transparent als auch homogen. Die Analyse mittels dynamischer Lichtstreuung (DLS) bestätigte eine Partikelgröße von 200 bis 400 nm. Neben der geringen Größe sorgt die hohe Oberflächenladung von -30 mV dafür, dass die Partikel länger in der Lösung verbleiben als ein verkapseltes Produkt, das mit einem einfachen Mikroemulsionsverfahren hergestellt wurde. In einem zweiten Verkapselungsschritt wird zusätzlich die Partikelbildung verbessert. Dieser Trocknungsschritt verwandelt die Mikrokapseldispersion Schicht für Schicht in ein stabiles Partikel.
Löslichkeitsprobleme überwinden
Die eingesetzte Sprühgranulation – insbesondere die Strahlschichttechnologie – bietet gegenüber der herkömmlichen Sprühtrocknung klare Vorteile (Abbildung 2). Durch die kontinuierliche Zerstäubung der Flüssigkeit bilden sich Partikel und wachsen in einem Wirbelbett auf die gewünschte Größe heran. Das Verfahren funktioniert mit Lösungen, Dispersionen oder Emulsionen gleichermaßen. Form, Dichte und andere Eigenschaften können dabei durch Variation der Betriebsparameter eingestellt werden. Bei der Verkapselung von Curcumin führen die kürzeren Verweilzeiten des Verfahrens zu kleineren Partikeln mit einer sehr engen Größenverteilung. Das wirkt sich positiv auf die Löslichkeit aus. Darüber hinaus ermöglicht die gleichmäßige Bewegung der Partikel im Prozess eine optimale Wärmeübertragung und Trocknung der aufgesprühten Suspensionströpfchen. Die erzeugten kugelförmigen Partikel (200 – 600 µm) sind kompakt, staubfrei, frei fließend und gut wasserlöslich.
Optimierte Eigenschaften bestätigt
Neben den physikalischen Produkteigenschaften profitiert der optimierte Curcumin-Extrakt auch in Bezug auf die Maskierung seines Geschmacks und Geruchs im gelösten Zustand. Die bioaktiven Eigenschaften wurden in mehreren Studien untersucht: Die Bioverfügbarkeit der Partikel wurde zunächst in vitro bewertet und in Makrophagen (spezialisierte Zellen vom Typ J774A.1, die an der Immunantwort beteiligt sind), einer immortalisierten Zelllinie, die aus menschlichen Leberkarzinomzellen (HepG2) gebildet wurde und menschlichen kolorektalen Adenokarzinomzellen (Caco2), die den Darm simulieren, bestätigt (Abbildung 3). Die Daten wurden dann in einer In-vivo-Studie bestätigt, bei der eine Gruppe gesunder Freiwilliger 750 mg Kurkumaextrakt und das Äquivalent der „Curcushine“ getauften innovativen Mikrokapseln einnahm. Die Ergebnisse zeigten eine zweifache Steigerung der Bioverfügbarkeit und eine anhaltende Freisetzung über einen Zeitraum von acht Stunden (Abbildung 4). Das kommerzielle Präparat Curcushine wurde auch auf seine Fähigkeit getestet, der schädlichen Wirkung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) auf Hautzellen entgegenzuwirken. Im Vergleich zu Grüntee-Extrakt, einem bekannten Antioxidans, erwies es sich als wesentlich wirksamer (Abbildung 5).
Kooperative Prozessentwicklung
Nutraceutical Ingredients Lubrizol Life Science hat die Curcushine-Mikrokapseln in Zusammenarbeit mit Sphera Encapsulation entwickelt. Die angewandte Technologie nennt sich SpherAQ und ermöglicht die Herstellung von qualitativ hochwertigen Kapseln, die vollständig wasserlöslich sind und ohne Zusatz von Geschmacks- oder Aromastoffen verzehrt werden können. Für die erfolgreiche Entwicklung war die offene Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den drei Projektpartnern grundlegende Voraussetzung. Schritt für Schritt wurde eine Verkapselungstechnik entwickelt, die für eine Vielzahl von Produkten eingesetzt werden kann und sowohl die Bioverfügbarkeit als auch die Lagerstabilität verbessert.
Literatur:
- J. Hewlings und D.S. Kalman, „Curcumin: A Review of Its Effects on Human Health“, Foods 6(10), 92 (2017): doi: 10.3390/foods6100092.
- I. Priyadarsini, „The Chemistry of Curcumin: From Extraction to Therapeutic Agent,“ Molecules 19(12), 20091-20112 (2014): doi: 10.3390/molecules191220091.
- L.A.D. Lestari und G. Indrayanto, „Curcumin“ in H. Brittain, Ed., Profiles of Drug Substances, Excipients and Related Methodology, Volume 39 (Elsevier, Cambridge, MA, US, 2014) pp 113-204.
- C. Reddy, et al. „Curcumin for Malaria Therapy“, Biochemical and Biophysical Research Communications 326(2), 472-474 (2005).
- E. Wright, et al. „Bioactivity of Turmeric-Derived Curcuminoids and Related Metabolites in Breast Cancer“, Current Pharmaceutical Design 19(34), 6218-6225 (2013).
- Anand, et al., „Bioavailability of Curcumin: Problems and Promises“, Molecular Pharmaceutics 4(6), 807-818 (2007).
Autoren:
- Gudrun Ding, Head of Business Development Process Technology, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
- Francesca Zanoni, Research and Development Manager, Sphera Encapsulation
- Isabel Gómez, Global Marketing Manager, Nutraceutical Ingredients Lubrizol Life Science, Health
Im Original veröffentlicht im Fachmagazin ‚Lebensmitteltechnik‘, Ausgabe 05/2023, LT Food Medien-Verlag